Wir alle sind in der gegenwärtigen Pandemie „noch amazoniger“ geworden. Die Tatsache, dass Versandriesen unseren stationären Einzelhandel existenziell gefährden kann mit Wehklagen über die fortschreitende Digitalisierung und Anklagen gegen die großen Online-Händler nicht bekämpft werden.Was es braucht, ist ein neues Selbstbewusstsein und Selbstverständnis der gesamten Einzelhandelsbranche, die sich die Digitalisierung ebenfalls nutzbar machen muss, um zukunftsfähig zu bleiben.
Die Belebung unserer Innenstadt ist eine zentrale Aufgabe. Die Folgen der Corona-Krise wirken im innerstädtischen Einzelhandel langfristig nach. Um die (Wieder-) Belebung zu forcieren wird die CDU folgende Impulse setzen:
Der Online-Handel ist jederzeit verfügbar, schnell und einfach über jedes mobile Endgerät und deckt sämtliche Bedarfe „vom eigenen Sofa aus“ ab - 24 Stunden, 7 Tage, auch an Feiertagen! Hierbei geht es meist nicht (nur) um einen niedrigen Preis, sondern um die schnelle Verfügbarkeit von Waren (next day delivery). Um an dieser Stelle eine Perspektive für die örtlichen stationären Einzelhändler zu bieten, wird eine Lokale Internet-Vermarktungsplattform für Einzelhändler (LIVE) ins Leben gerufen.
Diese Plattform soll Anreize zur Gründung bzw. Stärkung eines örtlichen/regionalen „Amazon“ liefern. Wenn sich die örtlichen Einzelhändler auf einer Internetplattform zusammenschließen, können sie ihre Produkte lokal online vermarkten.
Dazu muss der Versand/die Auslieferung lokal mitorganisiert werden. Gleichzeitig können Möglichkeiten der Abholung wiederum zur Belebung der Innenstadt führen.
Das was der Online-Handel nicht bieten kann, ist das Ambiente einer schönen Innenstadt, das Flanieren von Schaufenster zu Schaufenster, der Capuccino im Straßencafe, die freundliche Beratung direkt am Kaufobjekt, das fröhliche Lächeln des Verkäufers und vieles mehr. Strohfeuer in Form von sich immer wiederholenden Aufrufen lokal einzukaufen, die Kundschaft regelrecht anflehend, werden den Einzelhandel und unsere Innenstadt hingegen nicht auf Dauer retten können.
Lokal einkaufen ist zwar auch die ein Aspekt der Solidarität der Stadtgesellschaft mit dem Einzelhandel, darf aber kein Gnadenakt der Konsumenten sein. In Marburg einzukaufen soll eher der Aspekt eines positiven Lebensgefühls sein. Besucher der Stadt und die Bevölkerung sollen ihren Einkauf stressfrei genießen können. Einkaufen in der heutigen Zeit muss mit Erleben, Genießen, Lifestyle und schöner Atmosphäre in Verbindung gebracht werden.
Dazu gehört auch die Vielfalt des Angebots. In Marburg einzukaufen, muss schlicht „in“ sein.
Innenstadtbelebung hängt mit Innenstadtmobilität zusammen. Parkraumkonzepte (z.B. Verstärkung des Kurzzeitparkens), der ÖPNV und andere Mobilitätsarten müssen zusammengedacht und analysiert werden. Zur Aktivierung des Innenstadtlebens gehören Kinder. Kinder brauchen Bewegung und Aktivität. Wenn Anlaufpunkte für Kinder durch interessante Spielelemente, Schausteller etc. geschaffen werden, wird die Frequenz in der Innenstadt höher.
An dieser Stelle ist der Onlinehandel ebenfalls nicht konkurrenzfähig.
Hier müssen nach Wegfall der Corona-Einschränkungen Konzepte eruiert werden, die gemeinsam mit Schaustellern erarbeitet werden. Ein weiterer Ansatz zur Steigerung der Attraktivität des Einzelhandels liegt in einem deutlich stärkeren gemeinsamen Auftritt der Einzelhändler innerhalb ihrer Einzelhandelsquartiere (Oberstadt, Nordstadt, Wehrda, Südviertel). Analog zum Center-Management in großen Einkaufscentern sind Fragen der Einheitlichkeit von Öffnungszeiten, gemeinsame Werbemaßnahmen und Flächendekoration zentral zu bündeln und zu organisieren. All das geht aber nur, wenn alle Betroffenen gemeinsam an einem Strang ziehen.
Die Vermietung von Ladenflächen im städtischen Eigentum ist künftig eher an der Zielstruktur des Einzelhandels als am maximal erzielbaren Mietzins zu orientieren.
Eine Neuauflage der Einzelhandelsstudie soll dazu beitragen, ein Gesamtkonzept für die Sicherung des lokalen Handels zu erarbeiten und einem Sterben des Innerstädtischen Handels entgegenzuwirken.
Mit diesen und weiteren Impulsen stoppen wir Amazon & Co. Nicht, wir setzen ihnen aber selbstbewusst etwas entgegen.